Leider ist Friesland vor zwei Wochen und ganz Holland seit einer Woche zum Risikogebiet erklärt worden, auf die Coronapandemie bezogen. Auch in Holland gibt es wieder einen Teilshutdown, zunächst für Restaurants und Bars (Komplett geschlossen), vor der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wird gewarnt. Schade, für viele tragisch, aber damit muss auch ich die Saison gut 3 Wochen früher als geplant abbrechen, damit ich sicher bin, mein Boot überhaupt noch zum Händler bringen zu können, damit die besprochenen Reparaturen und Neuerungen über den Winter eingebaut werden können. Ohne zu wissen, was mit nächster Saison ist...
Damit musste ich in 24 Stunden durch sein -die NRW-Regelung, wenn man Quarantäne entgehen will. Da das Boot mittags beim Händler sein musste, hießt das morgens früh ausräumen, dann das Boot nach Stavoren fahren und dann mit dem Fahrrad zurück. Das Bild oben zeigt, dass ich es geschafft habe -das Boot ist beim Händler. Aber der Reihe nach.
Der Samstag war mit wenig Wind angesagt worden -perfekt für das Vorhaben. Aber leider war der Morgen bis ca. 9 Uhr geprägt von leichtem Regen -schlecht zum Ausräumen und zum ca. 100 m entfernt stehenden Auto bringen. Aber watt mut dat mut! Zwei Stunden später war ich fertig. Immer wieder gab es kurze Regenpausen und ich überlegt, ob ich die schwere Segeljacke wegen des Regens mitnehmen sollte. Denn alles, was ich mitnehme, muss mit dem Fahrrad die ca. 30 km zurück! Ich entschied mich gegen die doch sehr schwere Jacke. Und sollte das nötige Glück haben. Ab meinem Anwerfen der Maschine bis zur Rückankunft über 6 Stunden später war es trocken. Ablegen ohne Wind und ohne im Kanal kreuzende andere Boote -kein Problem. Bei knapp über 2.500 U/min läuft die Boundless gute 6,5 kn -mehr als zufriedenstellend. Fast 50% schneller, als das alte Boot...
Da alles nass war entschied ich mich gegen die Fahrt über das Ijsselmeer, was zwei Schleusen mit sich gebracht hätte, und für den Weg durch Friesland. Funk an der Steuersäule sei dank war die Spannenburgbrug ohne Wartzeit zu passieren. Und zunehmend wurde das Wetter freundlicher. Die Wolkendecke brach auf und die Sonne war ab dann mein fast stetiger Begleiter. Zwischendurch legte auch der Wind etwas zu -das hätte ein tolles Segelwochenende werden können. Aber es hilft nichts, Corona fordert von jedem sein Opfer...
Riesige Vogelschwärme sammeln sich. Teils verfärben sie den Himmel schwarz, so viele erheben sich gleichzeitig. Das Spiel des Lichts durch Sonne, Feuchte und die Schwere der Stimmung ist einzigartig. Nur wenige Boote begegnen mir bis Heeg, dort wird es dann eine Handvoll mehr. In Stavoren ist binnen wenig los, so dass ich problemlos am Bereich der Fäkaltankabsaugstation anlegen kann. Der Tank muss über den Winter leer, da hilft nichts. Vorher noch kräftig mit normalem Wasser nachgespült, in der Hoffnung, dass sich wenig Rückstände absetzen. Die Pumpe arbeitet zuverlässig und kostenlos. Genau so lockt man die Leute zum gewünschten Einbau von Fäkalientanks. Danach der kleine Schock: Ich muss durch zwei kleine Brücken binnen in Stavoren, um zum Händler zu gelangen. Aber die Ampel vor der ersten Brücke ist doppelrot, der Schleusenmitarbeiter verweist per Funk an den Hafenmeister und bei dem läuft nur die Mailbox. Also vor der Brücke angelegt, zu Fuß die 200 m zum Händler und nachgefragt. Aha. Mittagspause des Hafenmeisters, ist aber jetzt zu Ende, die letzte Brücke öffnet er (also vom Jeanneauhändler). Also zurück, Hafenmeister ist sofort am Telefon, er ist schon unterwegs und ein Blick zurück zeigt mir, warum: Ein großes, ca. 20 m langes Plattbodenschiff schiebt sich mir langsam entgegen. Zum Glück ist schnell losgemacht, die Brücke sofort dann auch sofort offen und ich kann problemlos durch. An der zweiten Brücke bedient der Jeanneaumitarbeiter und schon habe ich diesen Teil des Tagesziels erreicht. Ich bin heil und unversehrt mit leerem Boot beim Händler.
Kurze Restkontrolle und dann kommt der physisch anstrengende Teil des Tages. Ich muss nach Lemmer zurück. Laut Navi 28 km. Wie ihr auf dem Eingangsbild seht, war Strida dabei und los gings. Ja, wer denkt, Holland hat keine Berge, hat Recht. Aber was das Radfahren in Holland so mühsam macht ist Gegenwind -den hatte ich zum Glück nicht- und sehr lang gezogene Steigungen. Undendlich lange Steigungen. Mühsam lange Steigungen. Gefühlsmäßig bestand die Fahrt aus 25 km langgezogene Steigung. Da ich weiß, dass das nicht hilft, sondern nur Treten, habe ich es getan. Nach einer Stunde war der Hintern hin und schmerzte, aber bis auf zwei kurze Schildlese und Navikontrollpausen bin ich durchgeradelt. Alles eine mentale Frage. Verschwitzt, stark protestierende Waden, da ich sonst wenig Fahrrad fahre, aber wo ein Wille ist, erreicht man sein Ziel. Eine Stunde und fünfzig Minuten später war ich beim Auto. Erschöpft, aber geschafft.
Fazit nach den ersten Wochen mit dem neuen Boot:
Es passt perfekt. Und die notwendigsten Änderungen sind erledigt -Funke getauscht mit Zweitbedienteil am Steuerrad, und ich habe gerade knapp zum Schluss auch eine Heizung eingebaut. Dazu kommt dann in den nächsten Tagen mehr mit Bildern in der Rubrik innen. Die Voraussetzung, um das Boot das Jahr durch nutzen zu können, jedenfalls weit über das hinaus, was für die meisten anderen Saison ist. So kann ich den Faktor Anbordzusein beliebig ausdehen. Wenn Corona es zulässt.
Im Winter gibt es jetzt als Minimum Bugstrahlruder, Wattstützen, Selbstwendefockschiene und es werden ein paar optische Mängel beseitigt. Wenn ich Glück habe auch zwei Schränke innen und ein Geräteträger. Aber letzteres ist ebenfalls coronabedingt eher kritisch. Denn dort soll ja Solar und Co. befestigt werden. Und Grundlage für längere Schläge werden. Nächstes Jahr ruft die Nordsee. Mal sehen, ob ich das überhaupt vertrage.
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